Ich steh das nicht durch, Frankie. Da draußen sind tausende, die sehr viel tougher sind als ich. Mit Kostya im Rücken ein paar Junkies anzumachen, die nicht bezahlen wollen, das ist nun wirklich kein Ding. Aber da drin bin ich bloß ein weißer Arsch, der keine Freunde hat. Die werden mich durchkauen und ausspucken ohne zu fackeln.
„Mom, willst du ihn mal halten?“
„Wirst du es Ralph schreiben?“
„Vater de Bricassare? Warum sollte ich es ihm schreiben?“
„Es ist doch sein Sohn.“
„Mom, wie kannst du nur? Wie kommst du darauf?“
„Belüg mich nicht Meggie, das brauchst du nicht. Ich hab es dir angesehen, als du gekommen bist. Deshalb bist du zurückgekehrt. Du hast erreicht,
was du wolltest. Luke zählt nicht mehr.“
„Nein, ich sagte es dir doch. Luke wollte mich nicht mehr.“
„Meggie, ich hab doch bemerkt, was zwischen dir und Ralph de Bricassare vorgegangen ist in all den Jahren. Er brauchte nur mit dem kleinen Finger zu winken und schon kamst du gerannt und genauso war es auch umgekehrt, vom ersten Augenblick an. Der arme Ralph, als er letztes
Jahr erfahren musste, dass du verheiratet und nicht mehr hier bist, wusste ich, dass er dich früher oder später aufsuchen würde und das hat er auch getan, nicht wahr?“
„Du bist wirklich grausam. Dabei müsstest du das doch am allerbesten verstehen. Denk mal an Frank.“
„Nun ich muss sagen, du zahlst mit gleicher Münze zurück. Seit wann weißt du das?“
„Da war
ich noch recht klein. Seit dem Tag, als Frank wegging…. Mom“
„Ich war 16, als ihm begegnete. Er hatte all das, was Paddy nicht hatte. Er war klug, kultiviert, charmant. Ich dachte, ich könnte ohne ihn nicht leben. Aber er stand im Licht der Öffentlichkeit. Er war Politiker. Er war verheiratet und er war nicht bereit, dass alles für mich zu opfern. Ich war ein Nichts gegen seine
ehrgeizigen Pläne, so wie du für Ralph.“
„Ich weiß, dass ich Ralph nie haben kann. Aber ich habe etwas von ihm, was die Kirche niemals haben wird.“
„Ja, ja, hab ich auch gedacht, zu nehmen, was ich nehmen konnte. Wenigstens ein Kind von ihm haben. Aber was hab ich jetzt? Ich habe Frank verloren. Ich habe einen hohen Preis dafür bezahlt und das wirst du auch müssen. Glaub
mir, Gott wird schon dafür sorgen.“
„Denkst du denn, ich hab nicht schon genug bezahlt? Was ich hab ich den anderes getan, als zu bezahlen für die große Sünde Ralph de Bricassare zu lieben? Das ganze Leben bin ich den schmalen Pfad gegangen aus Furcht vor Gott dem Allmächtigen und was hat es mir gebracht außer einem gebrochenen Herzen? Oh nein Mom, ich fürchte mich vor Gott nicht
mehr. Und was Ralph angeht. Er wird nie erfahren, dass Dane sein Sohn ist. Es sei denn du sagst es ihm. Aber ich warne dich, wenn du das tust, dann werde ich ebenso unbarmherzig sein, wie du es immer zu mir warst.“
„Du wirst Gott besiegen, so wie ich.“
„Ich hab Gott schon besiegt. Dane gehört mir und keiner kann ihn mir nehmen.“
"Ich habe dir gesagt, dass ich mich vor der Verlogenheit ekele, aber in Wirklichkeit ekele ich mich vor mir selbst. Deshalb warte ich, dass ich den Knacks in meinem Kopf spüre und ich nicht mehr daran denken muss. Ich schäme mich nämlich, Big Daddy. Deshalb betrinke ich mich, und nur wenn ich betrunken bin, kann ich mich selbst ertragen."
"Aber was ist morgens, wenn du aufwachst? Dann
ist die Wahrheit doch wieder da. Du be-dauerst dich nur selbst. Ja, das ist es. Du bemitleidest dich nur selbst. Du hast ja Bobby nicht getötet. Du und Skipper – es gibt so viele, die so leben – nicht erwachsen werden können. Ihr seid ja noch in einer Kinderwelt: Spiele spielen, Tore schießen, nur keine Sorgen, nur keine Verantwortung. Du weißt es noch nicht. Das Leben ist kein
Kinderspiel. Du willst immer nur das Abenteuer. Der große Mann sein, siegen. Du bist ein dreißigjähriges Kind. Wenn du 50 bist, bildest du dir ein, Beifall zu hören, wo keiner ist. Ich weiß, wie du dein Leben weiter verbringen wirst: Du wirst weiter träumen und weiter trinken. Aber die wirklichen Helden leben vierundzwanzig Stunden jeden Tag und nicht einmal zwei Stunden in einem Spiel.
Verlogenheit, die hasst du doch so sehr, nicht wahr? Du sagst, du kannst nicht mit der Lüge leben. Aber du machst dir was vor. Was ist denn Wahrheit? Doch nur Schweiß und Rechnungen bezahlen und mit einer Frau zusammen sein müssen, die du nicht mehr liebst. Du musst dich damit abfinden, dass Träume nicht Wirklichkeit werden und erst nach deinem Tod wird dein Name in der Zeitung gedruckt sein.
Merk dir das, du bist noch nicht richtig erwachsen, mein Junge! Erwachsene legen nur auf bei einem Freund in Not und sie legen auch nicht auf bei ihren Frauen! Das ist die Wahrheit, und du kannst ihr nicht ins Gesicht sehen!"
"Wer kann das? Du vielleicht?"
"Ja, ich kann das."
"Ja, aber nur die Wahrheit eines anderen."
"Quatsch! Du suchst eine Ausrede!"
"Mir
hängt das Lügen zum Hals raus, diese Glückwünsche, wo doch jeder außer dir weiß, dass dies dein letzter Geburtstag sein wird! ... Bitte, lass mich jetzt nach Hause fahren!"
"Was hast du gesagt?"
"Ich habe es vergessen."
"Wo doch jeder außer dir weiß, dass dies dein letzter Geburtstag sein wird? Sie haben gelogen. Sag es jetzt! Der Bericht aus dem Krankenhaus ist doch
anders. Die Schmerzen, die ich manchmal bekomme, das ist der Tod. Sag mir jetzt die Wahrheit! Sag es!"
"Du hast es doch selbst gesagt, Big Daddy. Wir leben nun einmal in der Lüge und müssen uns damit abfinden."